INTER – HOCHZUCHTSTANDARD
2004 ÖGG Ausgabe zum Download
Auswerteprogramm
Ralf Loch (Link) hat eine Access- Datei erstellt, mit der die Bewertung der Guppies (Trio und Pärchen) auch über Tablets erfolgen kann. Somit erfolgt die Listenerstellung auf Knopfdruck, sobald der letzte Fisch bewertet wurde. Er stellt diese Datei allen Vereinen kostenlos zur Verfügung. An dieser Stelle möchten wir uns bei Ralf für die Erstellung dieses Programmes noch einmal bedanken! Bei Klick auf den Download Button kann die zip- Datei heruntergeladen werden. Eine kurze Anleitung, die von der ÖGG erstellt wurde, ist ebenfalls vorhanden.
Der Inter-Hochzuchtstandard (IHS)
des IKGH
Entsprechend den unterschiedlichen Idealvorstellungen vom perfekten Guppy, gab es in vielen Ländern Europas zum Teil erheblich voneinander abweichende Standard- und Bewertungsregeln. Das war bei der zunehmenden internationalen Zusammenarbeit, insbesondere bei der Durchführung einer Europameisterschaft nicht zweckmäßig und es wurde von allen Beteiligten der Wunsch nach einem einheitlichen Standard geäußert.
So kam es durch die Initiative der Österreichischen Guppygesellschaft im Jahre 1981 zur Erarbeitung des Internationalen Hochzucht-Standards (IHS´81), basierend auf dem Störzbach- Standard.
Dr. O.M. Störzbach erkannte bereits in den frühen Fünfzigerjahren die genetischen Möglichkeiten die sich für eine Weiterentwicklung des Guppy boten und schuf ein Standardwerk, das nicht nur die Idealformen der verschiedenen Zuchtrassen festlegte, sondern auch die Grundlage für die systematische Guppy-Hochzucht, wie wir sie heute kennen, war.
Grundsätzliches zum IHS:
Unter diesem „Inter-Hochzuchtstandard“ werden die europaweiten Idealvorstellungen bestimmter Guppytypen verstanden, die durch charakteristische Merkmale zu definieren sind.
Dieser Hochzuchtstandard stellt das derzeit angestrebte Ziel dar, in dessen Rahmen die europäischen Züchter ihre persönlichen Zuchtziele setzen und international bewerten.
Wesentliches Merkmal dieser Standard- und Bewertungsregeln ist die genaue
Beurteilung der Einzelheiten, da sich die Exponate der Guppy-Hochzucht vor allem auf Grund ihrer Durchzüchtung bis ins kleinste Detail auszeichnen.
Durch die festgelegten Formen von Körper und Flossen, sowie deren Größenverhältnissen zueinander, sind optimale Proportionen in ausreichendem Maße sichergestellt.
Standardformen:
Großflosser:
- Fächerschwanz
- Triangelschwanz
- Schleierschwanz
- Fahenschwanz
Schwerttypen:
- Doppelschwert
- Obenschwert
- Untenschwert
- Leierschwanz
Kurzflosser:
- Spatenschwanz
- Speerschwanz
- Rundschwanz
- Nadelschwanz
Punktevergabe Trios:
Kriterium | Länge | Form | Farbe | Summe |
Körper | 8 | 8 | 12 | 28 |
Rückenflosse | 5 | 8 | 10 | 23 |
Schwanzflosse | 10 | 20 | 14 | 44 |
Vitalität | 5 | |||
insgesamt | 100 |
Natürlich handelt es sich hier um Höchstpunkte, die für die angeführten Kriterien im Idealfall zu vergeben wären. Abweichungen von den in diesem Standard festgelegten Idealformen bzw. Mängel der unterschiedlichsten Art führen zu Punkteabzügen.
Der Körper ist Ausgangsbasis und Bezugspunkt für die Bewertung verschiedener anderer Kriterien. Die Körperlänge wird durch Abschätzung ermittelt. Alle übrigen Längen oder Größen orientieren sich ausschließlich nach deren Relationen zur Körperlänge oder Körperhöhe. Die Körperlänge wird von der Maulspitze bis zum Schwanzflossenansatz gemessen, die größte Höhe, geschätzt an der höchsten Stelle des Körpers soll ¼ der Länge betragen. Die Form soll kräftig aber grazil sein.
Die Grazilität ist jedenfalls als eines der wichtigsten Kriterien des Guppys anzusehen, denn ohne sie hätte er wohl kaum seinen beispiellosen Siegeszug durch die Aquarienwelt antreten können.
Flossen:
Der Bewertung der Flossen kommt beim Hochzuchtguppy große Bedeutung zu. Die Flossenform ist in jedem Falle maßgeblich für die Einordnung in die einzelnen Standards und Gruppen. Für die Bewertung der Flossenform ist der jeweilige Standard maßgeblich, vor allem die Schwanzflossen sind für die Wertungsrichter ein überaus wichtiges Kriterium.
Es gibt drei Guppy-Hochzuchtgruppen deren Charakterisierung in der Schwanzflossenform liegt. Im Einzelnen sind dies die Gruppe der Großlosser mit den Standards Fächer-, Triangel-, Schleier- und Fahnenschwanz, die Gruppe der Schwertflosser mit den Standards Doppelschwert, Obenschwert, Untenschwert und Leierschwanz, sowie die Gruppe der Kurzflosser mit den Standards Spaten-, Rund-, Speer- und Nadelschwanz.
Farben:
Man unterscheidet zwischen Grundfarben und Deckfarben.
Als Deckfarbe gilt alles was sich von der Grundfarbe unterscheidet. Darunter versteht man Farbe und Muster, beide werden gemeinsam als Einheit bewertet. Die Deckfarben befinden sich in den oberen Hautschichten des Guppys und überlagern die Grundfarbe.
Bei Farbe/Muster werden folgende zwei Hauptkriterien unterschieden und bewertet:
- Flächendeckung; das ist der Anteil der Farben/Muster auf der zu bewertenden Fläche (Körper, Schwanzflosse, Rückenflosse).
- Farbqualität/Qualität des Musters; das harmonische Zusammenspiel aller Farben, wobei intensive (=kräftige) und Pastellfarben mit ausreichender Sättigung und klare Trennung der Farben erwünscht sind, bzw. bei Muster auf eine ausreichende Geschlossenheit und Farbe Wert gelegt wird.
Auf die Deckfarben wird beim Guppy größter Wert gelegt, für Farbe auf Körper und Flossen werden bis zu 36 Punkte vergeben.
Grundfarben:
werden grob unterschieden in dominante und rezessive. Die Dominanten überlagern beim Zusammentreffen beider die Rezessiven. Rezessive Grundfarben treten nur reinerbig in Erscheinung. Dieser Standard kennt 9 unterschiedliche Grundfarben:
- Wildgrau: (dominant)
- Gold: (rezessiv), dunkler Farbstoff fehlt zur Hälfte, dunkle Schuppenränder vorhanden.
- Blond: (rezessiv), dunkler Farbstoff fehlt fast völlig.
- Blau: (rezessiv), gelbe und rote Farbstoffe fehlen.
- Pink: (rezessiv), helle (rosa) und dunkle Farbstoffe, im hinteren oberen Körperteil heller Längsstreifen.
- Albino: (rezessiv) Pigmentierung fehlt völlig, rote Augen.
- Weiß: (doppelrezessiv aus Blond und Blau), gelbe und rote Pigmente fehlen, Melanophoren sind klein und punktförmig.
- Silber: (doppelrezessiv aus Blau und Gold), gelbe und rote Pigmente fehlen. Schuppenränder dunkel pigmentiert.
- Creme: (doppelrezessiv aus Blond und Gold), mit/ohne schwarze Pigmentierung, stets schwarze Augen.
- Lutino: (rezessiv), Pigmentierung kann völlig fehlen, dunkelrote Augen.
Vitalität – Schwimmverhalten:
Das ist die natürliche Art der Schwimmfähigkeit des Tieres, die sich durch Lebhaftigkeit und ungestörtes Verhalten dokumentiert.
Kommentar zum Inter-Hochzuchtstandard
Die Hochzucht unterscheidet sich grundsätzlich von der gewöhnlichen Guppyzucht. Bei der normalen Guppyzucht beschränken sich die Auswahlkriterien im Allgemeinen auf den Gesamteindruck oder auf wenige hervorstechende Merkmale wie Körper- oder Flossengröße, bzw. bestimmte Farben. Davon unterscheidet sich die Guppyhochzucht auf Grund der Durchzüchtung bis ins kleinste Detail. Die Zuchtauswahl bzw. –auslese ist wesentlich schwieriger, sie kann sich nicht auf wenige Merkmale beschränken und muss darüber hinaus die Genkoppelung, dh. die gemeinsame Vererbung verschiedener Merkmale – auch unerwünschter – berücksichtigen, was einen wesentlichen Mehraufwand an Zuchtversuchen mit den dazugehörigen Beckenzahlen erfordert.
Der Inter- Hochzuchtstandard
Jedes Lebewesen wurde im Laufe der Evolution, mit den seinen Bedürfnissen entsprechenden, idealen Proportionen ausgestattet, so auch unser Guppy. Jede Veränderung einzelner Merkmale, verändert zwangsweise diese Proportionen und kann im Extremfall – bei exzessivem Überzüchten eines Kriteriums – zur nachhaltigen Beeinträchtigung seiner gesamten Lebensfunktionen führen.
Die wichtigste Aufgabe dieser Standard- und Bewertungsregeln ist es, dem Guppy, trotz seiner Hochzüchtung, in zum Teil von seinem ursprünglichem Aussehen stark abweichende Standardformen, neben einem ästhetischen Erscheinungsbild, seine natürlichen Bewegungsmuster und Lebensfunktionen zu erhalten.
Das Zusammenspiel der Formen von Körper und Flossen, sowie deren Größenverhältnisse zueinander, also die „Durchzüchtung bis ins kleinste Detail“ stellt erst die optimalen Proportionen in ausreichendem Maße sicher.
Mit dem Inter-Hochzuchtstandard (IHS) wurde die Voraussetzung für eine detailgenaue Bewertung geschaffen, der bei richtiger Anwendung, allen diesen Anforderungen gerecht werden würde.
Das vielleicht wesentlichste Kriterium des Inter-Hochzuchtstandards ist, dass sich die zwölf Standards ausschließlich durch die unterschiedlichen Flossenformen voneinander unterscheiden.
Keinen Unterschied gibt es bei der Körperform. Die Idealform ist auf die Lebhaftigkeit sowie die natürliche Art der Schwimmfähigkeit des Guppys abgestellt und somit für alle Standards gleich und verbindlich.
Der Körper
Da der Körper Ausgangsbasis und Bezugspunkt für praktisch alle anderen Kriterien ist, muss ihm auch die größte Bedeutung zugeordnet werden. Sollen alle anderen Merkmale optimal sein, dann muss es vor allem auch der Körper sein. Und das bezieht sich in erster Linie auf die Körperform. Von der Idealform – kräftig aber grazil – keinesfalls hingegen plump – , hängt nicht nur die natürliche Art der Schwimmfähigkeit ab, sondern auch das Befinden, die Vitalität des Guppy und die Fähigkeit die Flossen richtig zu tragen.
Der Guppy hat von Natur aus die für sein Schwimmverhalten ideale grazile Körperform, die bisher von Züchtern nicht verbessert werden konnte. Das herauszüchten sogenannter „kräftigerer“ Körper konnte weder seine Schwimmfähigkeit, noch seine Vitalität verbessern, sondern bewirkte eher das Gegenteil.
Das Züchten von flossengerechten Körpern lässt sich daher aus dem IHS nicht ableiten, sehr wohl hingegen das Züchten von körpergerechten Flossen (siehe Proportionen).
Die Flossen
Die unterschiedlichen Flossenformen manifestierten sich größtenteils durch das konsequente jahre-, bzw. jahrzehntelange Hochzüchten von diesbezüglichen Ansätzen, die bereits bei der Wildform des Guppy vorhanden waren und kaum durch menschliche Eingriffe. Von Kunstzüchtungen kann somit allgemein keine Rede sein. Nicht irgendwelche Kniffe waren hierfür verantwortlich, sondern die Kenntnis der Genetik des Guppy, sowie der Regeln der Vererbungslehre und deren gewissenhafte Anwendung bei der Zucht.
Die Flossen sind die Fortbewegungswerkzeuge eines Fisches. Sie sollen jenen Bewegungsablauf sicherstellen, der für sein Überleben wichtig ist, nicht aber beim Schwimmen behindern, wie das leider häufig der Fall ist.
Für ein artgerechtes Verhalten des Guppy, insbesondere im Hinblick auf seine Schwimmfähigkeit, ist daher die richtige Relation der Flossen zum Körper entscheidend und wird durch einseitiges Überzüchten nachhaltig beeinträchtigt.
Die Bewertung (Punktevergabe)
Um sicherzustellen, dass der Guppy nicht nur dem Namen nach ein Guppy ist, sondern vor allem von seinem Aussehen und seinem typischen Verhalten her, ist die Bewertung nicht ausschließlich auf die jeweilige Standardform, sondern auch auf seine spezifischen natürlichen Eigenheiten und Merkmale abzustellen.
Grundsätzlich ist die Höchstpunktezahl für jedes Kriterium bei allen zwölf Standardformen gleich und zwar unabhängig von der Größe des Fisches, ausgenommen jene für die Körperlänge. Unterschiede gibt es hingegen bei den Abzugspunkten für Mängel bei den Flossenformen. Hier müssen Abweichungen von der jeweiligen Idealform, je nach Art der Flossenfehler, entsprechend deren Auswirkungen auf das Erscheinungsbild, für jede Standardflossenform gesondert gewichtet werden.
Bei den Höchstpunktezahlen für die Körperlänge wurde den Größenunterschieden zwischen den 3 Standardgruppen Rechnung getragen. Keinen Unterschied gibt es bei der Körperform. Die im IHS definierte für den Guppy ideale Körperform, ist für alle zwölf Standards gleich, Mängel, bzw. Abweichungen davon, sind bei allen Guppys daher gleich zu bewerten.
Deshalb müssen bei der Punktevergabe deutliche Unterschiede zwischen formschönen und unförmigen Körpern gemacht werden. Leider bietet der Standard gerade bei der Körperform mit nur 8 Punkten zu wenig Möglichkeiten, wohingegen die Körpergröße – die keinesfalls ein Hochzuchtkriterium sein kann, da der Guppy ja von Natur aus ein kleiner Fisch ist – mit 8 Punkten überbewertet ist.
Dr. Störzbach hat das offensichtlich bereits in den Fünfzigerjahren erkannt und in seinem Standardwerk für die Größe nur fünf Punkte festgelegt. Möglicherweise auch in Kenntnis der Liebe mancher seiner Züchterkollegen zur Gigantomanie. Hätte man diese Punktezahl nicht erhöht, sondern beibehalten, wäre uns sicher viel erspart geblieben.
Für die Proportionen, also dem wichtigsten Kriterium dieser Standard- und Bewertungsregeln, gibt es keine aus diesem Titel zu vergebenden Punkte. Die Proportionen sind durch die richtigen Größenverhältnisse der Flossen zum Körper sicherzustellen. Also ist für die Punktevergabe bei den Flossen nicht nur deren Aussehen in Bezug auf die Standardform ausschlaggebend, sondern vor allem auch deren Relation zum Körper. Somit kann eine überproportional gezüchtete Schwanz- oder Rückenflosse, selbst wenn sie keine sonstigen Mängel aufweist, nie die im Standard vorgesehene Höchstpunktezahl erreichen! Das gilt selbstverständlich auch für zu kleine Flossen.
Durch die präzise Festlegung der voneinander abhängigen Größen und Formen, muss jede Überzüchtung eines Kriteriums zwangsweise zu Punkteabzügen führen.
Wäre der IHS von allen maßgeblichen Beteiligten richtig verstanden und dementsprechend auch ausgelegt worden, hätten sich die 1995 eingeführten Abzugspunkte für überlange Flossen erübrigt. Wobei anzumerken ist, dass diese Regelung auf Standards bei denen es für das Befinden der Fische wenig Rolle spielt, rigoroser angewendet wird, als auf jene, bei denen sich durch überproportionale Flossen eine Beeinträchtigung viel gravierender auswirkt.
Allerdings bedarf es zur Umsetzung all dieser für die Hochzucht entscheidenden Kriterien, bestens geschulter verantwortungsbewußter Wertungsrichter mit dem richtige Durchblick. Vor allem aber muss ein Wertungsrichter die Grundmotive des IHS verstehen und beachten. Die Kenntnis der wichtigsten Details der einzelnen Standardformen allein genügt nicht (obwohl letzteres schon viel zum Positiven bewirken würde). Wertungsrichter die Schwerttypen oder Kurzflosser nicht richtig werten können, sind auch nicht in der Lage Großflosser richtig zu bewerten, da diese ebenso viele Details und Feinheiten aufweisen, mit denen sie dann gleichfalls nicht zurande kommen können.
Mag das eine oder andere Detail dieses Standards auch nicht 100%ig sein, bei richtiger Anwendung der Bewertungsregeln, käme kaum jemand in Versuchung, absichtlich bestimmte Merkmale zu überzüchten und es wäre sichergestellt, dass sich die Guppyhochzucht auch künftig innerhalb der ästhetischen Grenzen bewegt.